11.03.2024
Gemeindeabende! Keine Podien mit AfD-Beteiligung.

Wo man euch nicht aufnimmt und euren Worten kein Gehör schenkt, da geht aus dem betreffenden Hause oder Orte hinaus und schüttelt den Staub von euren Füßen ab! (Matthäus 10,14)

Sollten wir mit Rechtspopulisten reden?

Unbedingt! Am Arbeitsplatz. Am Küchentisch. In der Kirchgemeinde. Rechtspopulisten eine Bühne bieten, ihnen öffentlich Aufmerksamkeit verschaffen, Seriosität und Legitimation? Nein, Nein und nochmals Nein!

Wir bieten Feinden der Demokratie keine Bühne. Wer die Demokratie und deren Vertreterinnen und Vertreter verächtlich macht, die liberale Demokratie abschaffen will, menschenfeindliche und rassistische Positionen vertritt, hat den demokratischen Diskursraum verlassen. Das Türöffner-Spiel ist durchschaubar. Der angeblich „Gemäßigte“ soll signalisieren: Da sind doch auch einige Vernünftige darunter, mit denen kann man doch reden. Wir halten die Meinungsfreiheit hoch. Doch wir sind nicht naiv. Feinde der Demokratie haben kein Recht auf jedes Mikrofon oder jede Bühne.

Wer im Übrigen meint, auf derartige Podien Rechtspopulisten entzaubern zu können oder zu einem vernünftigen Austausch von Argumenten zu kommen, täuscht sich. Das Ziel der „Wortergreifungsstrategen“ ist nicht der Diskurs. Es heißt Propaganda. Völlig unabhängig von der Frage oder dem Argument des Gegenübers haben die oft rhetorisch geschulten Agitatoren nur ein Ziel: ihre demokratieverachtenden und menschenfeindlichen Botschaften unter die Leute zu bringen. Selbst wenn wir dabei überzeugend dagegenhalten, bedienen wir deren Strategie. Denn auch negative Aufmerksamkeit stärkt ihre Position.

Elisabeth Wehling von der Berkeley University in Kalifornien sagt es so: „Wenn wir Ideen wiederholen, propagieren wir sie in den Köpfen der Menschen, ob wir es wollen oder nicht. Selbst wenn wir ‚dagegen‘ sind. Das Negieren von Ideen stärkt sie – denken Sie nicht an den rosaroten Elefanten!“

Wir sollten es den Verächtern der Demokratie so schwer wie möglich machen. Die Klarheit, die zur Nächstenliebe gehört, verlangt deshalb: Keine kirchliche Bühne für Rechtsextremisten!

Wir brauchen keine AfD-Funktionäre, um der verheerenden Gefahr, die von der AfD ausgeht, ins Auge zu schauen. Wer über die Gefährlichkeit des Wolfs informieren will, braucht dazu nicht den Wolf. Es gibt jede Menge spannende Faktenchecks, die das wahre Gesicht der AfD zeigen – gute Ausgangspunkte für Gemeindeabende (z.B. die Auszüge aus Björn Höckes Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“).


Wie können Gemeindeabende gelingen?

Wie kann das sein? Herr Z., der sonst so freundliche Herr, hat sich offensichtlich rechtspopulistisch angesteckt. So etwas erleben wir – ob in der Familie oder Kirchgemeinde oder anderwärts. Hier lohnt sich unser ganzer Einsatz. Hier dürfen wir nicht kneifen, das Thema übergehen, fremdschämend schweigen, denn auf der Beziehungsebene steigen die Chancen, wirklich miteinander zu kommunizieren.

Wir hören zu. Was sind die Gründe deiner Unzufriedenheit? In derartigen Gesprächen ist Haltung wichtig. Dabei zeige ich mich, in dem ich z. B. sage: „Ich verstehe, was du meinst. Aber es entspricht nicht meinem Menschenbild. Für mich ist jeder Mensch ein Geschöpf Gottes – mit gleichem Wert und gleicher Würde.“

Wir können die positiven Ansätze unseres Gesprächspartners stärken, ihm unsere Überzeugung als Mantel hinhalten, in den er hineinschlüpfen kann. Auf diese Weise können wir mehr erreichen als auf offener Bühne dem Kontrahenten die Wahrheit mit dem Scheuerlappen um die Ohren zu hauen.

Neben Einzelgesprächen halte ich unsere üblichen Gemeindeveranstaltungsformate mit Gruppen, die nicht mehr als 20 Personen umfassen, für gut geeignet.

Thematisch sollten wir uns hüten, über alle Stöckchen, die uns hingehalten werden, zu springen. Es gibt so viele wichtige Fragen, die uns berühren. Ohne Zorn und Eifer können wir hören, informieren, diskutieren. Die Bibel befragen. Ihre tröstenden, Mut machenden und Vertrauen in das Leben vermittelnde Geschichten selbst ausprobieren. Den neuen Wegen vertrauen. Für der Stadt Bestes beten. Das genügt.

Mancherorts bleibt es in unseren Gemeinden merkwürdig still, fühlen sich Engagierte alleingelassen, erschlafft der Mut, resigniert das kleine Häuflein, ist der GKR aus unterschiedlichen Gründen nicht bereit, ein Problem zu sehen. Wir können, wir dürfen jedoch nicht den Konflikten aus dem Weg gehen. Harmonie ist in einer Gemeinde wichtig, darf aber nicht zu unheilvollem Schweigen führen.


Ja, es gibt Anknüpfungspunkte von Rechtspopulisten und „besorgten“ Gemeindegliedern:

Wertschätzung/Instrumentalisierung von Heimat und Tradition

Wehmütige Erinnerung an „Goldene Zeiten“ (Wir holen uns unser Land, unsere Kirche zurück.)

Wunsch nach Homogenität, Übersichtlichkeit, Sicherheit, Autoritätssehnsucht

Familienpolitik, Sexualpolitik, Genderpolitik

Islamophobie, Angst vor dem Untergang des christlichen Abendlandes.

Deshalb ist es sinnvoll, in Gemeindeabenden, diese Themen aufzugreifen. Wir dekontaminieren jedoch vorher ihre vergiftete Rhetorik. Wir brauchen dazu keine AfD- Vertreter.

Die Themen heißen dann:

  • Heimat, die ich meine …
  • Warum fliehen Menschen?
  • Globalisierung: Chancen und Risiken
  • Früher war alles besser …
  • Vertraut den neuen Wegen?
  • Demokratie ist kein Selbstläufer
  • Kirchengeschichte: Heilsgeschichte mit Verirrung, Verblendung, Schuld und Umkehr
  • „Die Demokratie ist die schlechteste Staatsform, ausgenommen all diese anderen, die man von Zeit zu Zeit ausprobiert hat.“ (Churchill)
  • Die Welt dreht sich zu schnell, ich fall‘ vom Karussell.


Erzählen wir Geschichten vom Gelingen:

  • Biblische Geschichten gegen die Angst.
  • Vom Vertrauen in das Leben: „Wir schaffen das. Mit Gottes Hilfe.“
  • Nehmen wir Heimatverlustängste ernst. Wir wollen hören, verstehen, aber wir müssen nicht für Alles Verständnis aufbringen.
  • Ermöglichen wir Gelegenheiten zu echten Erfahrungen (Besuch Flüchtlinge).
  • Lokale und überregionale Promis „wirken“.
  • Eine Studie kam zu dem überraschenden Schluss, dass Synoden- und Kirchenleitungsworte mehr Gewicht haben als wir ihnen selbst zutrauen.


Zusammenfassend sei gesagt:

  1. Wir reden mit jedem. Wir ringen um jeden. Wir üben die „Tapferkeit vor dem Freund.“
  2. Wir bieten den Feinden der Demokratie keine Bühne.
  3. Wir nehmen in Gemeindeabenden die Themen der AfD in den Blick. Wir nehmen die Fragen, die zur AfD führen, ernst. Wir ordnen sie ein. Wir bieten Faktenchecks. Wir laden Fachleute ein.

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